Ich werde immer wieder von Schülern gefragt, ob sie beim Training Stimmkommandos verwenden sollen oder besser nicht. Prinzipiell muss es natürlich jeder für sich entscheiden, ob er mit Stimmkommandos arbeiten möchte oder nicht. Wie ich zu dem Thema stehe und wie Du Stimmkommandos sinnvoll einsetzen kannst, erfährst Du in diesem Artikel.
Ich benutze sehr gerne Stimmkommandos bei der Arbeit mit Pferden. Ich finde sie sind eine tolle Unterstützung zur Körpersprache und den weiteren Hilfen beim Reiten. Außerdem sind sie zu dem ziemlich praktisch. Eine Freundin hat mal gesagt, dass sie ihre Pferde gerne auf Stimme trainiert, da sie ein fauler Reiter wäre – je besser die Pferde auf Stimmkommandos hören, desto weniger müsse sie bei der Arbeit machen :D
Dennoch soll dieser Text kein Aufruf dafür sein, ab jetzt alles nur noch mit Stimmhilfen zu erarbeiten. Wie oben schon gesagt, sehe ich diese mehr als Unterstützung der übrigen Hilfen, als das alleinige Allheilmittel. Außerdem kann es für Pferde ziemlich verwirrend sein, wenn sie ohne richtige Vorbereitung einfach mit Stimmkommandos bombardiert werden. Tatsächlich verbergen sich im Training mit Stimmkommandos auch einige Stolpersteine, auf die es zu achten und die es zu umgehen gilt.
Gequatsche vs. Stimmkommando„Hey Mausi, da bist Du ja! Schön, Dich zu sehen! Wie geht es Dir meine Süße? Warst Du auch schön brav? Du bist aber dreckig heute… Na, da komm! …“ So oder so ähnlich hört es sich an, wenn ich in den Stall komme und Bella begrüße. Auch, wenn ich sonst ein Mensch bin, der eher weniger als zu viel redet, neige ich dazu, Bella ein Ohr abzuquatschen. Das werden wahrscheinlich viele Pferdebesitzer kennen.
Prinzipiell ist es auch gar kein Problem, viel mit seinem Pferd zu sprechen. Problematisch wird es erst dann, wenn es plötzlich unser alltägliches Gequatsche von einem Stimmkommando unterscheiden soll. Während unser belangloses Geplapper für das Pferd keinerlei Bedeutung hat, da wir ja eigentlich keine Reaktion von ihm erwarten – es wäre ja schon ein bisschen merkwürdig, wenn unser Pferd uns plötzlich auf die Frage nach seinem Befinden antworten würde ;) –, ist ein Stimmkommando eine gezielte Aufforderung, etwas Bestimmtes zu tun. Wir erwarten eine Reaktion vom Pferd.
Hier ist es unsere Aufgabe dem Pferd die Möglichkeit zu geben, einen Unterschied zwischen beiden Kommunikationsformen zu erkennen und zu verstehen.
Bei mir ist es so, dass ich zwar viel mit Bella und auch den anderen Pferden mit denen ich arbeite, rede, dies jedoch größtenteils auf die Zeit außerhalb der Arbeit beschränke. Wenn ich mit einem Pferd arbeite, nutze ich die verbale Kommunikation fast ausschließlich trainingsgebunden, das heißt für Stimmkommandos oder zum Loben. Ein verbales Lob fällt bei mir in diesem Sinne auch unter die Stimmkommandos, auch wenn die Intention eine andere ist.
Ein verbales Kommando oder Lob unterschiedet sich jedoch nicht nur durch den Zeitraum der Anwendung von meinem normalen Gequatsche, sondern auch von der Stimmlage und meiner Körperhaltung her. So vermittle ich dem Pferd auch im Alltag einen ganz präzisen Unterschied dazwischen, ob ich nur einfach so mit ihm rede oder etwas von ihm möchte. Bei Stimmkommandos ist meine Stimme deutlicher und auffordernder als normal. Außerdem unterstütze ich sie meist mit auffordernden Gesten oder Hilfen, die ich mit einer gewissen Körperspannung ausführe. Ich lobe hingegen aber mit leiser, besonders ruhiger Stimme und wenig Körperenergie. Zusätzlich streichle und kraule ich das Pferd. Natürlich ist auch mal ein überschwängliches Lob dabei, wenn ein Pferd etwas ganz besonders toll gemacht hat. Da Bella und auch die meisten anderen Pferde mit denen ich arbeite, jedoch sehr sensibel sind, finden sie dies meistens gar nicht so toll.
So könnt auch Ihr durch die Tonlage und Eure Körperspannung für Eurer Pferd einen klaren Unterschied machen, ob es sich bei dem was ihr sagt nun um einfaches Gequatsche oder eben ein Stimmkommando handelt.
Hier ein kleines Beispiel aus dem Alltag:
Wenn ich Bella von der Wiese hole, rede ich oft einfach so vor mich hin. Nun kommt es aber vor, dass sie aus irgendeinem Grund auf dem Weg mal stehen bleiben und kurz auf mich warten soll. Um nun das entsprechende Kommando zu geben, unterbreche ich mein Gerede, leite die Aufgabe durch erhöhte Körperspannung (für Bella ein Zeichen für „Achtung, ich möchte was von Dir!“) ein und gebe im „Kommandoton“ die Anweisung „Steh!“. Dies unterstütze ich dann noch zusätzlich mit einem erhobenen Zeigefinger. Bleibt sie brav stehen, folgt natürlich ein Lob und die Auflösung des Kommandos.
Hier erkläre ich Dir, wie Du Deinem Pferd beibringst, frei stehen zu bleiben.
Pferdeflüsterei: Bist Du für Dein Pferd ein Clown?
Stimmkommandos sind nicht selbstverständlichWir Menschen sind es gewohnt über unsere Stimme zu kommunizieren. Und auch, wenn uns das nicht bewusst ist, ist es für uns eigentlich selbstverständlich, dass auf eine von uns ausgesprochene Anweisung eine entsprechende Reaktion folgt. So kommt es immer wieder vor, dass wir unseren Pferden Stimmkommandos geben und davon ausgehen, dass dieses sie verstehen und befolgen, ohne, dass wir sie ihnen zuvor richtig beigebracht haben. „Komm!“, „Steh!“, „Brrrr!“, „Bleib!“, „Galopp!“ und Co. sind für uns selbstverständliche Anweisungen, die keine Erklärung bedürfen. Für unsere Pferde aber nicht!
Pferde kommunizieren weitestgehend über Körpersprache (mehr dazu
hier) und müssen erst lernen, dass die Laute, die wir von uns geben, auch für sie eine Bedeutung haben können. Einfach davon auszugehen, dass dies selbstverständlich ist, ist nicht nur sinnlos, sondern auch unfair.
Aber wie kannst Du Deinem Pferd beibringen, auf ein bestimmtes verbales Kommando zu reagieren?
Ich gehe hierbei folgendermaßen vor:
Zunächst etabliere ich ein Kommando über Körpersprache. Möchte ich einem Pferd also zum Beispiel das Kommando „Te-rab!“ beibringen, schicke ich es auf einen Zirkel um mich herum und bringe es mit Hilfe meiner Körpersprache zum Antraben. Um nun das Stimmkommando in die Übung einzubringen, füge ich vor der ersten eigentlichen Hilfe zum Antraben das „Te-rab!“ ein. Natürlich wird das Pferd nicht gleich auf das reine Stimmkommando hin antraben. Also setzte im Anschluss an das erste „Te-rab!“ meine Körpersprache ein. Bei jeder
Steigerung der Hilfe, wiederhole ich aber nun das Stimmkommando. Nach und nach wird das Pferd auf diese Art und Weise lernen, das Kommando mit dem Antraben zu verbinden und irgendwann auch alleine auf dieses antraben.
Multilingual – oder: Achtung, Verwechslungsgefahr!
So schön und hilfreich Stimmkommandos auch sind, so bringen sie doch ein kleines Risiko mit sich: Nicht alle Reiter benutzen für die gleichen Kommandos. So kann es vorkommen, dass verschiede Pferde auf ein und das selbe Kommando unterschiedlich reagieren.
Eine lustige Geschichte ist mir in diesem Zusammenhang mal mit einer Freundin passiert:
Als wir das aller erste Mal gemeinsam ausreiten waren, kam irgendwann ein Punkt, an dem wir anhalten wollten. Ich – deutsch, mit recht klassischem reiterlichen Hintergrund – parrierte Bella also mit einem für mich selbstverständlichen „Brrrr!“ durch. Doch anstatt darauf hin ebenfalls anzuhalten, gab das Pferd meiner Freundin – Westernreiterin aus Belgien – plötzlich Gas und trabte munter an uns vorbei. „Brrr!“ war für ihr Pferd nicht das Zeichen zum Anhalten, sondern das Kommando zum Antraben :D
Dies ist eine noch recht lustige Anekdote. Ihr könnt Euch aber vielleicht vorstellen, was passiert, wenn beispielsweise ein Kommando zum Steigen missverstanden wird.
Meine StimmkommandosFalls Ihr mit Stimmkommandos arbeiten möchtet, aber vielleicht nicht so ganz genau wisst, welches Kommando ihr wofür benutzen sollt, habe ich Euch hier mal eine Liste meiner verbalen Kommandos zusammengestellt:
- Schnalzen – schneller werden, in eine höhere Gangart wechseln, mehr Energie, Aufmerksamkeit
- Brrr! – langsamer werden, zur langsameren Gangart durchparrieren
- Easy! – langsamer werden, innerhalb einer Gangart langsamer werden, weniger Energie
- Ruhig! – Ruhe, Entspannung
- Da komm! (ja, hier kommt das Eifelkind durch :D) – zu mir kommen, mir folgen
- Zurück! – rückwärtsgehen
- Fuß/Huf – das Bein neben dem ich stehe oder das in antippe anheben
- Da geh! – Entlassung, z.B. nach der Arbeit, für Pausen oder auf der Koppel